Das Thema, wie „fake“ sich Mensch in den sozialen Medien präsentiert, wird gerade in ebendiesen rauf- und runterdiskutiert und beschäftigt auch mich. Wann genau ist Mensch denn in der digitalen Welt fake? Wenn die eigenen Fotos bis zur Unkenntlichkeit retuschiert werden? Wenn Fotos von Urlauben aus Ländern gepostet werden, die man nie besucht hat? Wenn man ausschließlich fröhliche Nachrichten postet, obwohl es einem auch mal schlecht geht? Also quasi gefake‘te Fröhlichkeit?
Auf mein eigenes Social Media Profil schauend kann ich folgendes festhalten:
- Retusche? Gaaaanz ab und zu und meist einfach mit einem Filter verschönert (und die ollen Grübelfalten zwischen den Augenbrauen zaubere ich auch manchmal weg, wenn sie arg zu viel Schatten werfen).
- Falsche Urlaubsfotos? Nö.
- Immer nur fröhliche Erlebnisse/Gedanken teilen? Schuldig im Sinne der Anklage.
Im Hinblick darauf, sich größtenteils positiv und damit vermeintlich „fake“ zu präsentieren, habe ich eine klare Meinung, die ich nach nun einigermaßen langer Gedankengrübelei weiterhin vertrete: Geteilt wird, was geteilt werden möchte. Wer meinen Gedankenspaziergang zum „Gefühl-Sharing“ gelesen hat, kennt meine Meinung schon: Gefühle vermehren sich, wenn wir sie teilen. Gute Gefühle, weil wir uns z.B. mit-freuen, traurige Gefühle, weil wir Mitleid haben, mit-leiden. Ich persönlich teile lieber mein Glück als mein Unglück – nicht mehr und nicht weniger.
Dass jeder von uns mal dunkle Momente hat, wo er/ sie tiefschwarz, dunkelgrau und anthrazit fühlt, anstatt sonnengelb, himmelblau oder rosarot – das ist glaube ich jedem von uns klar. Auch ich weine mich mal in den Schlaf, bin traurig, fühle mich allein gelassen oder unverstanden. Viele Probleme sind sicherlich im Vergleich zur Welt da draußen Luxusprobleme. Aber egal, wie gut es uns geht: Probleme gibt es immer, nur eben auf unterschiedlichen Leveln und sie tun alle weh – globalgalaktisch gerechtfertigt oder nicht.
Bin ich also fake, wenn ich in sozialen Medien größtenteils positive Gedanken teile? Oder teile ich diese Gedanken einfach lieber? Ich nehme Antwort B. Meine Probleme teile ich durchaus auch. Ich teile sie mit mir nahestehenden Menschen, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie ein Sackerl Problem von mir noch zusätzlich zu ihren eigenen Problemen schultern können. Und nicht falsch verstehen: Ich fühle auch gern in soziale Medien mit, wenn jemand verunsichert von einem Krankenhausaufenthalt berichtet oder enttäuscht von einem verkorksten Feiertag. Aber ich selbst mache das eben nicht. Das schultere ich allein oder teile es mit Schultern, die das noch schultern können. Und nein, das ist für mich nicht fake, sondern mein persönlicher Kommunikationsfilter.
Ich teile eben Freude einfach lieber. Wenn ich deswegen Fake bin, dann bin ich gerne Fake. Aber eben positiver.
Und das nicht, weil mir das Teilen von negativen Infos unangenehm ist. In vielen Unternehmen gibt es inzwischen Fuck-Up-Nights, in denen Kollegen oder Gäste aus anderen Wirtschaftszweigen davon berichten, wie sie gescheitert sind und dennoch gewonnen haben: Rückgrat, Mut, Entschlossenheit, Offenheit mit Fehlern umzugehen … Zu scheitern ist heutzutage meiner Ansicht nach kein Grund mehr, sich zu schämen oder etwas zu vertuschen. Und diese Form der Fehlerkommunikation finde ich eine hervorragende Art und Weise, andere am eigenen Schicksal, aber eben auch an den eigenen Lehren, teilhaben zu lassen. So leidet man mit – gewinnt aber auch viel und macht dieselben Fehler selbst ggf. nicht mehr oder ist zumindest auf Stolpersteine vorbereitet. Solche Fehler nehme auch ich mit in die sozialen Medien, aber eben nur, wenn das einen wie auch immer gearteten Mehrwert für diejenigen beinhaltet, die es lesen oder zumindest amüsant ist und so wenigstens den ein oder anderen zum Schmunzeln bringt.
Vielleicht sollte ich das tatsächlich mal öfter tun. Aber euch ein Foto vom total unkrautübersäten Beet zu posten, das mich vorwurfsvoll durch’s Küchenfenster ansieht, weil das Kraut einfach schneller ist als meine Gartenkralle und ich – nee, das erspare ich euch dann doch. Oder vielleicht auch nicht..? Aber wenn, dann nur mit Filter! 😉
Spannenderweise gibt es zu diesem Thema diverse Songs, die während des Schreibens akustisch durch meine Gedankengänge geschwirrt sind:
- „Fake“ von Simply Red
- „Eisberg“ von Andreas Bourani
- „Flüsterton“ von Mark Forster
- „Good vibes“ von Cro …
Am passendsten finde ich einen anderen Cro-Song, in dem er so schön dahinrappt: “Sometimes you gotta loose to win again.” oder wie der Titel ungewöhnlich schamhaft daherkommt: „SYGL“.


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