JUST BREATHE

Manchmal stehe ich einfach nur so da. Lasse das Leben passieren. Beobachte, erlebe und lese Menschen. Menschen, die lachen, hektisch sind oder sich ärgern – genau wie ich. Vielleicht täusche ich mich, aber gefühlt ist das mit dem Ärgern in unserer Gesellschaft mehr geworden in den letzten Jahren. Und gefühlt sind die Dinge, die diesen Ärger verursachen proportional kleiner geworden. Ich sehe das, erlebe und weiß das und mache es dennoch genau so. Ärgere mich groß über ärgerliche Kleinigkeiten, wo ich mich früher eher über erfreuliche Feinheiten freuen konnte.

Als das „Ärger-Gen“ verteilt wurde, hab ich scheinbar besonders laut „Hier!“ gerufen. Ich lege mich gern mal an – vom kleinen Pickel im Gesicht bis zum großen Blödmann im Supermarkt. Und auch wenn ich weiß, dass „sich ärgern“ null bringt, mache ich es immer wieder.

Gerade in den letzten Tagen wurde wieder vieler Menschen gedacht (Promis für die Welt sowie Menschen in unseren Herzen), die leider schon von uns gegangen sind. Was hätten sie uns zum Thema Ärgern geraten? Wahrscheinlich, besser das Leben zu genießen, weil es nun einmal endlich ist, statt sich mit Belanglosigkeiten aufzuhalten. Wohl wissend, dass diese Belanglosigkeiten einfach überhaupt keine Relevanz haben. Wenn unsere letzte Stunde schlägt und wir auf unser Leben zurückblicken, werden diese Ärgerlichkeiten bestimmt nicht im Zeitraffer-Best/Worst-of-Rückblickfilm erscheinen. Wäre sonst wahrscheinlich auch ein ziemlich langer, zäher Film und den wollen wir dann denke ich alle nicht in den letzten Sekunden unseres aktuellen Lebens sehen.

Das Leben ist zu kurz und viel mehr als in Ordnung.

singt schon Bosse

Was bleibt denn am Ende bzw. an was werden wir zurückdenken? Ich glaube, es werden die Momente sein, die viel mehr als in Ordnung waren – ein schöner Urlaub, ein spontaner, aber richtiger Entschluss, die besonderen Gelegenheiten, die uns zum Lachen oder Weinen gebracht haben – aber eben nicht zum Ärgern. Manchmal sind diese besonderen Erlebnisse nur leiser. Sie passieren und lassen unser Herz springen, auch wenn wir sie oft vielleicht gar nicht bewusst wahrnehmen. Und trotzdem machen sie uns glücklich oder geben uns zumindest ein gutes Gefühl. Und ist es nicht das, was zählen sollte – nicht nur am Ende, sondern unser ganzes Leben lang?

Das Steuer halten sowieso nicht wir, sondern abwechselnd unser Bauch, Herz oder Kopf in den Händen. Kognitiv, intuitiv oder einfach situativ. Bestimmen können wir das nicht und Ärger auslösen können sie alle drei ganz gut. Besser wäre also, (den Ärger) loszulassen. Was ich daher noch tue, wenn ich mal einfach so dastehe und das Leben passieren lasse ist, einfach mal in mich zu horchen. Kürzlich lief mir ein Song von Télépopmusic in den Gehörgang: BREATHE. Und das ist es, was ich in den ganz stillen Momenten auch wahrnehme: meinen Atem. Dieses Wunder, dass mein Körper ganz alleine funktioniert, egal ob ich wach bin, schlafe, mich ärgere oder sonstwas. Und: Atmen tuen wir glücklicherweise immer ganz von allein. Beim nächsten Ärger versuche ich einfach mal innezuhalten und meinen regelmäßigen und vollautomatischen Atem zu genießen. Und mich ggf. – sollte es doch an Regelmäßigkeit mangeln – einfach mal runterzuatmen und daran zu denken, dass solche Ärgernisse sehr kurzlebig sind und daher eigentlich auch gar nicht (aus)gelebt werden müssen.

Diejenigen von euch, die mich etwas besser kennen, wissen, dass ich eigentlich die Letzte sein sollte, um hier irgendwelche Tipps zum Thema „Nicht aufregen“ zu geben. Denn Aufregen ist ja quasi mein zweiter Vorname.  Der Tipp einer Trainerin war einmal: „Gib dem Ärger seine Zeit, einen festgelegten Zeitrahmen von z.B. zwei Minuten. Die nimmst du dir dann, um dich über genau dieses Thema zu ärgern. Und danach ist das Ärgerzeitkonto aufgebraucht = es ist keine Zeit mehr für speziell diesen Ärger verfügbar.“ Die Idee ist klasse und ich gebe zu: Zwei Minuten – so viel Zeit braucht der Ärger dann gar nicht, wenn man ihn lässt. Nur, dass das Zeitkonto dann aufgebraucht ist und er sich nicht mehr einfach in meine Gedanken drängeln soll, das hat mein Ärger noch nicht verstanden. Ich freue ich mich daher über all eure Tipps, was neben „einfach mal tief durchatmen“, „dem Ärger Zeit geben“ oder „allem, was einen ärgert, aus dem Weg gehen“ zusätzlich hilfreich sein könnte!

Daher – so als Abschlussgedanke in diesem Jahr und ohne dies als guten Vorsatz zu titulieren: Einfach mal etwas weniger ärgern. Oder den Atemautopilot kurzzeitig übernehmen, runteratmen und dann ruhiger weiteratmen und die Steuerung wieder dem Körper überlassen. Just breathing and enjoying live. There’s just one. Immer mit dem Télépopmusic-Song im Ohr.

Kommt gut ins neue Jahr – es wird ein gutes und das letzte war auch gar nicht so schlecht. Mit ggf. weniger erfreulichen Feinheiten als in anderen Jahren, aber definitiv waren sie da – vielleicht nur etwas leiser. Einfach mal an diese kleinen oder größeren schönen Momente erinnern, denn die sind es, die langfristig hängen bleiben.

Télépopmusik – Breathe

Eine Antwort zu „JUST BREATHE”.

  1. […] Télépopmusik im Ohr, das begleitete mich schon im fast gleichnamigen Gedankenspaziergang „Just breathe“ – wo es gern nachzuhören […]

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