GEFÜHL-SHARING

Der Weg führt uns heute zu der (bzw. meiner) Erkenntnis, dass man Gedanken ganz wunderbar in Worte fassen kann (so wie ich es ja selbst in meinen Gedankenspaziergängen tue), das dies aber mit Gefühlen nur bedingt funktioniert.

Fakt ist: Gedanken denken wir, Gefühle fühlen wir. Zur Welt der Gedanken gehören Erlebnisse, Erfahrungen, Inhalte, Fakten. Diese lassen sich gut in Wörtern und Sätzen formulieren. Bei Gefühlen fällt das zumindest mir schwer. Ich versuche, Gefühle weniger in Worte zu fassen, sondern sie lieber durch Mimik, Gestik und/ oder Taten mitzuteilen.

Zwischen Gefühlen und Gedanken gibt es aber auch keine strikte Trennung, denn wir denken ja auch über Gefühle nach. Um ein Vielfaches mehr fühlen wir unbewusst und lassen die Gedanken vor der Tür.

Wenn wir Gefühle denken, können wir diese artikulieren. Wir sagen vielleicht: „Puh, ich bin echt traurig.“ oder: „Das stimmt mich wirklich traurig.“ In WhatsApp-Nachrichten haben wir für jedes Gefühl praktischerweise passende Emojis, also in diesem Fall z.B. 😢. Rein inhaltlich ist damit unser Gegenüber über unsere Gefühlslage informiert. Wie aber schaffen wir es, unsere Gefühle so zum Ausdruck zu bringen, dass der Gefühlsempfänger sie nicht nur inhaltlich empfängt, sondern auch fühlt?

Wenn wir traurig sind ziehen wir – je nach Schmerzlevel – eine Schnute, verkriechen uns oder: weinen. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich habe mit weinenden Menschen in der Regel Mitleid. Weil ich – wie das Wort schon sagt – mit ihnen leide. Und das heißt: Weil ich mit ihnen fühle, es mein Herz berührt oder der Schmerz fast greifbar ist. Wenn ich meine Gefühle also als ebensolche übermitteln möchte, dann sind Worte manchmal vielleicht nicht genug.

Das Gleiche gilt für’s Glücklichsein: Ich kann sagen, dass ich glücklich bin oder ich kann über’s ganze Gesicht strahlen, lachen, springen, kreischen – je nach Glückslevel.

Wo immer es geht und sofern es uns wichtig ist, sollten wir andere unsere Gefühle fühlen (anstatt nur hören) lassen. Liebe lässt sich z.B. viel besser durch Aufmerksamkeit, gemeinsame Zeit und Nähe fühlen, als durch Liebesbekundungen, die „nur“ im Ohr landen, aber nicht im Herzen. Sangen in meiner Teenagerzeit schon Extreme („More than words“) und die müssen es ja wissen.

Wir erreichen immer mehr, wenn wir nicht nur sagen, was wir fühlen, sondern unsere Gefühle auch miteinander teilen. Ich lächle z.B. automatisch zurück, wenn ich angelächelt werde. „Glück verdoppelt sich, wenn man es teilt.“, heißt es so schön. Ich denke es vervielfacht sich sogar, wenn man dabei nicht nur die Tatsache äußert, glücklich zu sein, sondern das Gefühl selbst zusätzlich nonverbal teilt. Die anderen mitfühlen = hier: mitfreuen lässt. Wer sagt denn, dass sich „Mit-Gefühl“ ausschließlich auf negative Gefühle beschränken muss?

Beispiel gefällig? Unsere Katze äußert ihr Wohlbefinden durch Schnurren. Nun könnten man sagen, dass das ja ihre Katzensprache ist, aber sie sagt es ja nicht nur. Sie kuschelt sich an dich und vibriert so stark, dass dein Kraule-Arm gleich mit wackelt und sich ihr Glück somit schnurrenderweise auf dich überträgt. Von Katzen können wir sowieso viel lernen. Vielleicht sollten wir einfach, wenn es uns das nächste Mal so richtig gut geht, ein bisschen mehr Schnurren. Herzhaft seufzen, lächeln oder vor Glück jauchzen hilft auch.

Etwas, das seit jeher hervorragend Gefühle überträgt, ist Musik. Heute begleitet mich – neben „More than words“ von Extreme – Nouvelle Vague. „In a manner of speaking“ nimmt uns ganz entspannt mit zu dem Wunsch, diese ganz besondere Redeweise „jenseits der Worte“ zu beherrschen, mit der man alles sagen kann, indem man nichts sagt. Und genau diese (Nicht-)Redeweise ist es ja, die uns Gefühle fühlen lässt.

So zart gesungen und so kraftvoll in seiner Botschaft …
Gar nicht so Extreme …

2 Antworten zu „GEFÜHL-SHARING”.

  1. […] weiterhin vertrete: Geteilt wird, was geteilt werden möchte. Wer meinen Gedankenspaziergang zum „Gefühl-Sharing“ gelesen hat, kennt meine Meinung schon: Gefühle vermehren sich, wenn wir sie teilen. Gute […]

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  2. […] kennt ihr den Song von Extreme. Der ist schon im Gedankenspaziergang Gefühl-Sharing […]

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