Wann habt ihr euch das letzte Mal bedankt? Beim Postboten, einem Kollegen, einer Freundin, euren Eltern, euren Kindern, dem Schicksal oder dem Universum? Und: Was passiert eigentlich, wenn wir uns mal nicht bedanken? Enttäuschen wir jemanden, sind wir ignorant oder – im wahrsten Sinne des Wortes – „undankbar“?
Vor ca. einem Monat hatte ich Geburtstag. Wie immer gab es Gratulationen über alle nur erdenklichen Wege und Medien. Bei allen telefonischen und WhatsApp-Gratulierenden habe ich mich direkt am selben Tag persönlich bedankt (hoffe ich zumindest). Das mit Facebook, LinkedIn, Xing, Teams usw. wollte ich dann in den nächsten Tagen nachholen.
… bis mich meine Gedanken vor ein paar Tagen daran erinnerten, dass aus „die nächsten Tage“ schon fast „der nächste Monat“ geworden ist.
Und dann habe ich mich gefragt: Wie wird ein solches „Glückwunsch-Danke“ überhaupt bewertet? Bislang gab es zumindest noch keine Beschwerden über meine augenscheinliche Undankbarkeit, aber wer würde sich über so etwas auch beschweren? Zumindest bei mir? Und abgesehen davon war ich für jeden einzelnen Geburtstagsgruß total dankbar ❤️ – nur gesagt bzw. geschrieben habe ich es bislang leider noch nicht jedem.
In diesem Jahr hole ich das mit einem Gedankenspaziergang über’s Bedanken nach – als kleines Dankeschön und als große Entschuldigung für alle bisherigen Nicht-Reaktionen.
Eines vorweg: Als dankbaren Menschen würde ich mich schon bezeichnen. Immerhin kann ich im Ausland in mehr Sprachen „Danke“ sagen, als „Hallo“ – das fand ich beim Drübernachdenken und Gegenchecken dann schon ungewöhnlich.
Als ich meine Danke-Gedanken zum Austoben auf die Koppel geschickt habe, schwirrten auch sofort die unterschiedlichsten Erinnerungen umher:
- „Nun sei mal lieb und bedanke dich bei Tante Erna für den schönen selbstgestrickten Pullover.“
Klein-Natascha denkt: „Nö, der kratzt, für den will ich mich nicht bedanken.“ und macht es – brav, wie man das bei Tanten macht – trotzdem. - Oder die liebe ältere Dame, die bei mir im Reisebüro einst jede Woche eine Fahrkarte nach Celle kaufte und sich immer überschwänglich und von Herzen bedankte, während so manchem Rundreisekunden (wegen dem man aufgrund der komplexen Ausarbeitung einige schlaflose Nächte und graue Haare mehr hatte) ein wie auch immer gearteter Dank nicht über die Lippe oder wenigstens das Auge kam.
- Oder meine Katze, die mich einfach lange ansieht und sich dann dankbar an mich drückt. Ganz nonverbal und doch der ehrlichste Dank von allen.
Gerade die erste Erinnerung bringt mich zu der Frage: Warum soll man sich eigentlich für Dinge, Worte, Taten bedanken, die man gar nicht wollte oder mag? Ein guter Freund meinte daraufhin kürzlich: Es ist nicht das Geschenk, für das wir uns bedanken – es ist die gut gemeinte Geste. Und damit hat er recht. Wir müssen ja nicht gleich vor Freude durchdrehen und das käme in bestimmten Situationen wahrscheinlich auch nicht sonderlich authentisch rüber. Ein kleines geflüstertes „Danke“ oder auch nur ein dankbares Lächeln reichen oft. Ich glaube, das ist auch schon die größte Erkenntnis dieses Danke-Gedanken-Spaziergangs.
Letztendlich ist es doch so:
Ein Danke tut nicht weh, zeigt Freude oder wenigstens die Anerkennung für eine Bemühung. Es motiviert den Gebenden, es wieder zu tun – zum Gesten-/ Geschenke-/ Aufmerksamkeits-Wiederholungstäter zu werden.
Ein Nicht-Danke tut nicht immer und doch manchmal weh – je nachdem, wie wichtig dem Gebenden das Gegebene ist. Wenn ich wiederholt keinen Dank erhalte, frage ich mich vielleicht eines Tages, ob meine Geste / meine Gabe überhaupt etwas wert ist.
… ob es überhaupt auffällt, wenn ich ein Auto im Stau nicht mehr einfädeln lasse, wenn ich mich nicht mehr für irgendetwas oder irgendjemanden engagiere, mal kein Mittagessen auf dem Tisch steht.
Zumindest das mit dem Mittagessen würde auffallen und das gilt hier nur als Beispiel, denn da gibt’s schon – je nach Gericht – auch mal ein Dankeschön oder zumindest ein „Hmmm, lecker“ – das gilt auch! Beim Autofahren merke ich es aber schon. Da bin ich meist freundlich und lasse selbst dann noch Autos „rein“, wenn ich selbst schon spät dran bin. Spätestens nach dem – sagen wir mal – dritten Autofahrer, der mein Angebot annimmt und ohne kurz gehobene Danke-Hand weiterfährt, überlege ich beim Vierten schon etwas länger, ob ich mir noch einen Nicht-Dank einfangen möchte. Nicht, weil mich diese Danke-Hand unendlich glücklich werde ließe, sondern, weil ich es einfach nicht verstehe, was einen (Anderen) vom Mini-Handheb-Dank abhält. Tut dem-/ derjenigen doch auch nicht weh, oder? Das ist wie immer Ansichtssache.
Wie steht’s mit euch? Seid ihr Danke-Sager, Danke-Hand-Heber, Danke-Kopfnicker, Danke-Zuzwinkerer, Danke-Handschüttler, Danke-An-Sich-Drücker oder Kleine-Gesten-Als-Selbstverständlich-Nehmer?
Ich glaube, wir sind alle schon alles gewesen. Manchmal nehmen wir kleine Gesten vielleicht gar nicht als solche wahr und reagieren daher auch nicht. Vielleicht sind wir im Straßenverkehr abgelenkt oder einfach zu sehr darauf konzentriert, uns unfallfrei ins Verkehrschaos einzufädeln. Wie schon auf dem Gedankensprung „Du: „Doof“ – Ich: „Danke“ erkannt: „Wer auf andere mit dem ausgestreckten Zeigefinger zeigt, der deutet mit drei Fingern seiner Hand auf sich selbst.“ Lasst uns also nicht über einen Nicht-Dank ärgern, sondern einfach jeden kleinen Dankes-Hauch wertschätzen.
Es gibt übrigens eine ganz besondere Person, bei der wir uns am allerwenigsten bedanken, obwohl sie es am allermeisten verdient hat.
Schaut mal in den Spiegel 😉
Wann habt ihr euch das letzte Mal bei euch selbst bedankt?
Uns selbst und was wir tagein-tagaus so alles leisten, nehmen wir oft am wenigsten wahr bzw. empfinden diese Leistungen als selbstverständlich. Bedanken? Bei mir selbst? Warum?
Weil wir alle es wert sind. Weil wir soooo viel für uns selbst tun. Wir arbeiten viel, damit wir Geld verdienen und finanziell abgesichert sind, wir machen Sport, damit wir fit und gesund bleiben und was immer sonst noch auf eurem Tagesplan steht. Vom Atmen, Verdauen und was unser Körper sonst noch 24/7 leistet mal ganz abgesehen.
Und es gibt noch etwas, wofür wir dankbar sein sollten: für jeden einzelnen Fehler, jede falsche Entscheidung, jedes Missgeschick und jede Narbe. Denn nur so lernen und wachsen wir. Das letzte „Danke“ geht daher an Rita Ora, die uns daran erinnert, dankbar zu sein. 🙏


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